Suchen bisexuelle Frauen nur auf ein kleines Abenteuer? Wollen bisexuelle Menschen lediglich eine beeindruckende Anzahl zufälliger Sexualpartner, um mit ihren vielen Eroberungen prahlen zu können? Die Mythen und Vorurteile über Bisexualität sind zahlreich. In den letzten Jahren hat sich die Definition von Bisexualität mit der Verbreitung der Gender Studies erweitert.
Heute geht es um alles, was du über die Bisexualität wissen solltest.
Die Einordnung: Was ist Bisexualität?
Gemäß traditionellen Interpretationen bezieht sich Bisexualität auf die emotionale und sexuelle Anziehung eines Mannes oder einer Frau zu Männern und Frauen – daher die lateinische Vorsilbe „bi“, die für „zwei“ steht. Nach dieser Interpretation stellt Bisexualität eine Art Fusion von Hetero- und Homosexualität dar. Die deutsche Wikipedia geht weiter und definiert Bisexualität als die sexuelle Orientierung, sich zu mehr als einem Geschlecht hingezogen zu fühlen. Damit gehört sie zu den nicht-monosexuellen Orientierungen.
Dennoch besteht ein Denkfehler in dieser Interpretation: Selbst vorwiegend hetero- oder homosexuelle Personen sind nicht zwangsläufig an allen Frauen oder Männern interessiert, ihr sexuelles Interesse kann auf bestimmte Personen beschränkt sein. Zwar gibt es dafür teilweise auch aus der Fachwelt entlehnte Bezeichnungen, beispielsweise als gerontophile Homosexualität für Frauen, die auf deutlich ältere Frauen stehen. Aber auch hier steht die Frage im Raum: Ist das nicht immer noch zu allgemein?
Das wandelnde Geschlechterbild
Heutzutage ist das Geschlechterbild jedoch nicht mehr auf Männer und Frauen beschränkt. Selbst der Gesetzgeber, der nicht unbedingt für zeitnahe Umsetzung gesellschaftlicher Entwicklungen bekannt ist, hat dies erkannt. Er hat die einfachste Lösung gewählt und bestimmt, dass Personen, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlen, den Eintrag „divers“ erhalten können.
Zudem kann der Eintrag auch ganz weggelassen werden. Diese einfache Lösung wird der Vielfalt der Möglichkeiten jedoch nicht gerecht. Ein Mensch kann beispielsweise genderfluid sein und seine Geschlechtszugehörigkeit wandeln. Weiterhin gibt es genderqueere Personen, die Elemente üblicher männlicher und weiblicher Geschlechtsidentitäten vereinen, oder Agender, die sich keinem Geschlecht zuordnen können. Wie viele Geschlechter es gibt, ist ungewiss und hängt von gesellschaftlichen Wandlungen ab.
Was bedeutet es, bisexuell zu sein?
Entgegen der Wortschöpfung kann eine bisexuelle Person also Interesse an mehr als nur zwei Geschlechtern haben. Aber wo liegt dann der genaue Unterschied zur Pansexualität? Eine bisexuelle Person fühlt sich zu mehr als nur einem hingezogen. Im Gegensatz dazu liebt eine pansexuelle Person Menschen unabhängig vom Geschlecht. Das Interesse kann sich also auf alle Geschlechter beziehen.
Zudem können Bisexuelle allen Ethnien, Religionen und politischen Ausrichtungen angehören, alle Vorlieben besitzen und alle positiven sowie negativen Eigenschaften eines Menschen in sich tragen. Innerhalb der LGBTIQ+-Bewegung zeichnen sich bisexuelle Mitglieder jedoch durch ihre hohe Toleranz und den Stolz auf die große Vielfalt der Community aus. Sie haben auch eine eigene Kultur geschaffen, mit eigenständiger Kleidung und Erkennungszeichen.
Die Flagge stammt aus der Zeit der alten Bisexualitätsdefinition und besteht aus drei horizontalen Streifen: Der obere, pinke Streifen steht für Homosexualität, der untere, blaue Streifen hingegen für Heterosexualität. Der etwas kleinere, lilafarbene Streifen in der Mitte stand einst für die Mischung aus beiden. Inzwischen wurde die Definition jedoch erweitert und schließt alle anderen Orientierungen auf mehr als ein Geschlecht ein.
Was steckt hinter den Vorurteilen gegenüber Bisexualität?
Seit es den Begriff „Bisexualität“ gibt, ranken sich Mythen und Vorurteile um dieses Thema. Während einige auf Unwissenheit beruhen, können andere bösartig sein.
– Hier eine Übersicht über die gängigsten Vorurteile – und was davon zu halten ist:
1. “Bisexualität gibt es doch gar nicht!”
Leider gibt es immer noch Menschen, die glauben, dass man sich bei seiner Sexualität eindeutig auf ein Geschlecht festlegen müsste und bisexuelle Menschen sich einfach nicht entscheiden könnten. Dies basiert auf einer binären Sicht auf die Welt, die nicht anerkennen möchte, dass man Menschen mit mehr als nur einem Geschlecht lieben kann.
2. “Bisexuelle Frauen suchen einfach nur einen Kick!”
Dieses Vorurteil wird oft von heterosexuellen Cis-Männern geäußert. Offensichtlich übertragen sie ihre eigenen sexuellen Wünsche auf andere. Solche Aussagen sollen suggerieren, dass Bisexualität nicht ernst zu nehmen sei. Die Gefühle bisexueller Menschen – ob männlich, weiblich oder einer anderen Identität zugehörig – sind jedoch genauso wertvoll wie der anderen Menschen!
3. “Viele sexuelle Eroberungen – das ist doch der wahre Hintergrund der Bisexualität!”
In manchen Köpfen hält sich das Vorurteil, dass bisexuelle Menschen eine Strichliste führen und dann mit der Zahl von Geschlechtspartnern angeben. Ob jemand viele Geschlechtspartner hat, ist jedoch eine individuelle Entscheidung. Bisexuelle Menschen können lange, monogame Beziehungen eingehen wie jeder andere auch.
4. “Bisexuelle Menschen sind transphob – sie interessieren sich nur für einzelne Geschlechter!
Leider sind auch Menschen innerhalb der LGBTIQ+-Community nicht immer vor Vorurteilen sicher. Manche sind der Meinung, dass bisexuelle Menschen transphob sind, weil sie Menschen nicht unabhängig vom Geschlecht lieben.
Sei, wie du bist!
Wie wir sehen, hat sich die Definition von Bisexualität im Laufe der Jahre stetig gewandelt, ebenso wie die Definition von Geschlecht und vielen anderen Konzepten. Obwohl Vorurteile nach wie vor existieren, ist ihre Häufigkeit rückläufig. Letztendlich ist es nicht wichtig, welcher sexuellen Orientierung du angehörst. Die zentrale Frage ist, wer du als Person bist: Wie freundlich bist du? Wie viel trägst du zur Gesellschaft bei? Diese Fragen haben nichts mit deiner sexuellen Orientierung zu tun.
Generell sollte man sich nicht in ein zu enges Korsett zwängen lassen. Jeder Mensch hat das Recht, sich selbst zu entfalten und seine eigenen Gefühle und Erfahrungen zu leben, unabhängig von den festgelegten Definitionen anderer oder den Vorurteilen, denen man begegnen mag. Die Vielfalt menschlicher Erfahrungen und Identitäten ist etwas, das gefeiert und respektiert werden sollte.